Interview mit Verena Kofler
Was ist eigentlich Wirkungsmessung?
Wirkungsmessung fragt danach, ob eine Lösung tatsächlich die gewünschte Veränderung bringt.
Vor allem im Bereich Social Entrepreneurship wird von allen Seiten über „Impact“ gesprochen: Bei Social Enterprises geht es darum, gesellschaftliche Probleme wirksam und wirtschaftlich tragfähig zu lösen. Das heißt, hier habe ich auch den Anspruch aufzuzeigen, was meine Lösung wirklich verändert.
Wenn es um das Thema Wirkungsmessung geht, bevorzuge ich den Begriff der Wirkungsorientierung, da er über das reine Messen hinausgeht. Es handelt sich um ein Mindset: Von der Idee bis zur Umsetzung steht immer die angestrebte Wirkung im Fokus – auf Zielgruppen- oder gesellschaftlicher Ebene.
Dabei ist es hilfreich zu wissen, wo Wirkungsorientierung herkommt: In den 1990er Jahren gab es mit dem New Public Management einen zentralen Shift von der Input- zur Ergebnisorientierung. Ein konkretes Beispiel: Die öffentliche Verwaltung erhielt ein Budget. Blieb Ende des Jahres noch Geld übrig, wurde es für alles Mögliche ausgegeben, mit dem Ziel das Geld aufzubrauchen – denn sonst würden die Mittel im nächsten Jahr um das gesparte Budget gekürzt. Mit dem Fokus auf knapper werdende Ressourcen rückte stattdessen die Frage in den Mittelpunkt: Wofür wird das Geld ausgegeben? Was wird mit den Ressourcen tatsächlich erreicht? Und: Welche Maßnahmen lassen die größte Wirkung erreichen. Dieser Perspektivwechsel ist ein Kernprinzip der Wirkungsorientierung.
Wirkungsorientierung ist dynamisch: Ziele werden klar definiert, Zwischenergebnisse überprüft und angepasst. So lässt sich vergleichen, wie die Situation vor und nach einer Lösung aussieht.
Du beschäftigst dich sein einiger Zeit mit dem Thema Wirkungsmessung, wie bist du dazu gekommen und was fasziniert dich daran?
Ich bin seit vielen Jahren im Sozialmanagement tätig und habe 2015 im Masterstudium Sozialwirtschaft an der Hochschule Campus Wien erstmals intensiver mit dem Thema Wirkungsmessung zu tun gehabt. Damals war es noch ein Wahlfach – heute ist es fixer Bestandteil des Curriculums. Ich erinnere mich noch genau an den Moment, als es bei mir „Klick“ gemacht hat: Mir wurde klar, dass gerade im Sozialbereich Wirkung unmittelbar erfahrbar ist. Man arbeitet sehr nah mit Menschen, bekommt direktes Feedback und merkt sofort, ob etwas funktioniert oder nicht.
Die große Herausforderung liegt aber darin, diese spürbaren Wirkungen auch für andere – zum Beispiel für Fördergeber*innen, Investor*innen oder Spender*innen – transparent und nachvollziehbar zu machen. Genau das hat mich von Anfang an fasziniert: die Frage, wie man diese oft sehr persönlichen und direkten Veränderungen sichtbar und messbar machen kann. Dieses Interesse hat mich seit damals nicht mehr losgelassen.
Und gleichzeitig begeistert mich genau diese Sichtweise: Am Ende geht es nicht um abstrakte Zahlen oder Erfolgsberichte, sondern wieder um die Menschen, für die wir unsere Arbeit machen. Es geht darum, was sich bei der Zielgruppe tatsächlich verändert – und genau das im Blick zu behalten, finde ich unglaublich spannend und sinnstiftend.
Kannst du uns genauere Informationen zu deinen Workshops geben
Das Thema Wirkungsorientierung ist sehr umfassend – und für Menschen, die sich nicht täglich damit beschäftigen, oft eine echte Herausforderung. Genau hier setzen meine Beratungen und Workshops an: Ich vermittle das Wesentliche in kompakter Form, sodass die Teilnehmenden schnell in die Thematik einsteigen können und gleichzeitig konkrete Tools und Methoden an die Hand bekommen.
Aktuell biete ich kostenlose halbtägige Workshops an, in denen ich die Grundlagen der Wirkungsorientierung vorstelle und zusätzlich über das Verified Social Enterprise (VSE)-Label informiere. Dieses Label ist das einzige staatliche Gütesiegel für Social Enterprises und eng mit Wirkungsorientierung verknüpft.
Die Teilnehmenden nehmen also gleich zwei Dinge mit: Einerseits erfahren sie, wie man VSE-Label-Träger*in werden kann, und andererseits entwickeln sie bereits im Workshop – mit meiner Begleitung – ihre eigene Wirkungslogik, die für die Einreichung benötigt wird. So verbinden wir Theorie und Praxis, und am Ende hat jede*r einen klaren, anwendbaren Mehrwert.
Die Workshops finden im Oktober 2025 und im Frühjahr 2026 in Niederösterreich, im Burgenland und in Kärnten vor Ort statt. Bei jedem Termin kann man sich auch online dazuschalten. Sie sind kostenlos und offen für jede Organisation, die gesellschaftliche Herausforderungen löst.
Wen ich ein/e Unternehmer/in bin, die/der sich noch nicht mit Wirkungsmessung beschäftigt hat, wo oder wie würdest du damit starten?
Ich bin überzeugt, dass in jedem Unternehmen Wirkung auf Zielgruppenebene vorhanden ist – die eigentliche Herausforderung liegt darin, diese Wirkung sichtbar zu machen. Mein Tipp für den Einstieg: nicht gleich das gesamte Unternehmen betrachten, sondern sich auf einen kleineren, klar abgegrenzten Bereich konzentrieren. Das kann ein ein- bis zweijähriges Projekt sein oder eine eindeutig definierbare Zielgruppe.
Ein guter Startpunkt ist die Frage: Für welches gesellschaftliche Problem haben wir eigentlich eine Lösung? Das kann auch intern relevant sein – etwa, wenn ich zu wenige Frauen in Führungspositionen habe. Dann lohnt es sich, weiter zu überlegen: Was genau ist das Problem? Welchen Lösungsansatz verfolge ich? Was sind meine konkreten Ziele dabei? Und vor allem: Was will ich bei der Zielgruppe tatsächlich verändern?
Der nächste Schritt ist die Überlegung: Wie kann ich herausfinden, ob diese Veränderung wirklich eingetreten ist? Was muss ich dafür erheben, beobachten, messen oder dokumentieren? Wen muss ich dafür befragen? In dem Moment ist man bereits mittendrin in der Wirkungsorientierung – und merkt, dass Wirkungsmessung nicht nur ein Instrument für Monitoring ist, sondern ein wertvolles Werkzeug, um die eigene Arbeit gezielter und wirksamer zu gestalten.
Ich wage zu behaupten, dass gute Wirkungsmessung eine Grundlage für erfolgreiche Finanzierung ist; unabhängig davon, ob es sich um Förderungen, Bankkredite, Crowd Funding oder Investitionen handelt. Wie siehst du das?
Da kann ich dir nur zustimmen. Gerade wenn wir über Förderungen, Crowdfunding oder Investitionen sprechen, geht es im Kern immer um die Sinn-Frage: Warum sollte jemand Geld in mein Projekt oder mein Unternehmen geben? Damit mein Angebot überzeugt, muss ich es klar und schlüssig kommunizieren können – und zeigen, dass die eingesetzten Mittel tatsächlich wirken.
Das bedeutet: Ich brauche eine klare Wirkungslogik, also ein nachvollziehbares Modell, das aufzeigt, wie meine Aktivitäten zu den gewünschten Veränderungen führen. Ich brauche klare Wirkungsziele, die beschreiben, was ich bei meiner Zielgruppe oder auf gesellschaftlicher Ebene erreichen will. Und ich brauche Indikatoren, anhand derer man nachvollziehen kann, ob diese Veränderungen auch tatsächlich eintreten.
Gute Wirkungsmessung schafft hier Transparenz und Vertrauen – und genau das ist die Grundlage für erfolgreiche Finanzierung.
Vielen Dank für das Interview 🙂
Über Verena Kofler:
Verena Kofler ist ausgebildete Sozialwissenschaftlerin, Sozialmanagerin und Erwachsenentrainerin. Sie verantwortet den Bereich „Impact Management“ bei atempo in Graz. Die atempo BetriebsgesmbH ist eines der führenden Sozialunternehmen Österreichs, mit zahlreichen innovativen und wirkungsorientierten Angeboten und Dienstleistungen für Menschen mit Behinderungen und Lernschwierigkeiten.
Weitere Informationen:
https://www.atempo.at/de/impact-management
https://www.atempo.at/de/workshops-aws
https://www.linkedin.com/in/verena-kofler-66318076
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