Interview mit Werner Krendl
Du unterstützt seit über 10 Jahren Impact Startups bei den Themen Finanzen, Finanzierung, was kann ich mir konkret darunter vorstellen?
Startups durchlaufen naturgemäß mehrere Finanzierungsrunden über einen Zeitraum von mehreren Jahren, wobei verschiedene Finanzierungsinstrumente zum Einsatz kommen. Die Bandbreite reicht von öffentlichen Förderungen über Fremdkapitalinstrumente bis hin zu Eigenkapitalfinanzierungen. Aufgrund meiner langjährigen Erfahrung kann ich Gründerteams dabei unterstützen, die optimale Finanzierungsstrategie zu entwickeln; passende Instrumente auszuwählen und Finanzierungsrunden umzusetzen.
Ein kritischer Aspekt ist, dass sich Gründer*innen naturgemäß primär auf die Produktentwicklung konzentrieren und dabei oft die Financial Operations vernachlässigen. Professionelles Finanzmanagement ist jedoch essenziell sowohl für die erfolgreiche Kapitalbeschaffung als auch für eine nachhaltige Unternehmenssteuerung. Hier setze ich an und bringe strukturierte Finanzprozesse in die Unternehmen.
Für wen (welche Gründer*innen, in welcher Phase, ……) bist du der richtige Ansprechpartner?
Mein Fokus liegt klar auf impact-orientierten Unternehmen – Startups, die durch innovative Geschäftsmodelle gesellschaftliche oder ökologische Herausforderungen adressieren. In den vergangenen Jahren habe ich mich insbesondere auf die Sektoren Healthcare, Inklusion, Cleantech und Kreislaufwirtschaft spezialisiert.
Typischerweise arbeite ich mit Unternehmen in der Early-Stage-Phase zusammen, wenn das Geschäftsmodell bereits konkretisiert ist und erste Umsätze generiert werden. Bei erfolgreichen Portfoliounternehmen begleite ich dann auch die Folgefinanzierungsrunden und unterstütze beim Scale-up.
Es ist mir bewusst, dass jede/r Gründer*in und jede Situation anders ist, hast du allgemeine Empfehlungen, Tipps, etc.?
Die Finanzierungslandschaft variiert erheblich je nach Unternehmensphase und Sektor. Entscheidend ist ein fundiertes Verständnis der verschiedenen Kapitalgebertypen und deren spezifische Investmentkriterien. Business Angels beispielsweise lernt man am effektivsten über Networking-Events oder qualifizierte Empfehlungen kennen, während Venture Capital Fonds klar definierte Investmentprozesse und -kriterien haben.
Unabhängig vom Kapitalgebertyp sind zwei Dokumente zentral: ein überzeugendes Pitch Deck und eine professionelle Finanzplanung. Während die meisten Startups geeignete Pitch Decks haben, mangelt es oft an der Finanzplanung. Hier empfehle ich professionelle Unterstützung, um nicht bei jeder Investorenanfrage zeitaufwändig neue Planungsversionen erstellen zu müssen.
Du hast dich in den letzten Monaten viel mit KI im Finanzbereich beschäftigt, was sind deine Erfahrungen damit?
Künstliche Intelligenz wird Dienstleistungsprozesse fundamental transformieren und effizienter gestalten. Der Finanzbereich war in seinem Angebot immer schon innovativ, nicht aber in seinen Prozessen. Das Venture Capital Business von vor 5 Jahren hat sich nicht dramatisch von jenem aus den 90er Jahren unterschieden. KI ermöglicht nun Effizienzsteigerungen durch Prozessautomatisierung und datengetriebene Analysen, die zu besseren Investmententscheidungen führen. Während Investmententscheidungen historisch stark von individueller Erfahrung geprägt waren, können sie mittels KI objektiviert und optimiert werden, was eine wertvolle Ergänzung zur subjektiven Einschätzung des Investment-Teams darstellt.
Für Startups eröffnet KI völlig neue Möglichkeiten. Sam Altman prognostiziert bereits das erste „One-Person Unicorn“ – ein Unternehmen mit einer Bewertung über eine Milliarde USD, das von einer einzelnen Person geführt wird. Auch wenn das noch Zukunftsmusik ist, entwickeln sich die KI-Anwendungen so dynamisch, dass sich Startups verstärkt auf ihren Geschäftskern konzentrieren können. Daher sollte jedes Startup-Team einen Chief AI Officer sowie einen Data Analyst/Engineer haben.
Gibt es Erfolgsbeispiele und Beispiele für Scheitern, die du teilen kannst?
Wir befinden uns seit 2021/22 in einem Venture Capital Downturn mit entsprechend langen Investmentzyklen. Aktuell überwiegen daher die Ausfälle, was jedoch Teil des natürlichen Innovationsausleseprozesses ist.
Der Cleantech/Greentech-Bereich entwickelt sich sehr dynamisch, wie z.B. die Plattform greentech.at eindrucksvoll zeigt. Im Social Business Bereich besteht die Herausforderung, dass die Produkte und Services oft erheblichen Impact generieren, jedoch sehr spezifische Märkte oder Nischen bedienen. Problematisch ist, wenn Kunde und Begünstigter auseinanderfallen – beispielsweise, wenn die öffentliche Hand Inklusionsprodukte aus regulatorischen Gründen erwirbt. In wirtschaftlich angespannten Zeiten fallen solche Produkte oft als erste Budgetkürzungen zum Opfer.
Besonders spannend finde ich es, dass du auch die Investor*innen Perspektive gut kennst (Werner war Geschäftsführer eines Impact Venture Capital Fonds und berät Impact Investor*innen bei ihren Investmententscheidungen). Was ist Impact Investor*innen aus deiner Sicht besonders wichtig?
Ich betrachte mich primär als Investor, da das den Großteil meiner Karriere geprägt hat. Im Startup-Ökosystem verschwimmen die Rollen zwar, aber die Denkweise bleibt ähnlich – und es ist auch in der Startup-Beratung von Vorteil, wie ein Investor zu denken.
Für Impact Investor*innen kommt ein zusätzliches Kriterium ins Spiel: die messbare Wirkung. Analog zur Zielrendite werden auch Wirkungsziele bereits in der Fondsstrategie definiert und fließen in jede Investmententscheidung ein. Neben dem Potenzial zur Erreichung der finanziellen Zielrendite muss eine positive soziale oder ökologische Wirkung nachweisbar sein.
Entscheidend ist, dass die Wirkung in das Geschäftsmodell integriert ist und nicht etwa durch Gewinnspenden für wohltätige Zwecke erfolgt. Zusätzlich muss ein überzeugender Messansatz vorhanden sein. Je nach Investorenausrichtung werden finanzielle und Impact-Kriterien unterschiedlich gewichtet. Aus meiner Sicht muss ein Unternehmen jedoch immer wirtschaftlich erfolgreich sein, um nachhaltigen Impact zu erzielen. Ohne funktionierendes Angebot und echten Kundennutzen findet man keine Kund*innen, Kapitalgeber*innen springen ab, und die angestrebte Wirkung kann nicht erzielt werden.
Als Fondsmanager warst du auch für den Due-Diligence Prozess verantwortlich. Was sind die wichtigsten Auswahl- bzw. Entscheidungskriterien und wie können sich Gründer*innen gut darauf vorbereiten?
Die klassischen Investmentkriterien gelten auch im Impact Investing: Team, überzeugendes Geschäftsmodell, echter Kundennutzen, adressierbarer Markt und nachweisbare Traction – sei es durch MVP, erste Sales oder positive Entwicklungstrends.
Die Impact-Komponente ist meist evident; in der Due Diligence geht es vielmehr darum, ob die Wirkung nach gängigen Standards operationalisiert und gemessen wird. Hier kann ein/e erfahrene/r Impact Investor*in wertvolle Unterstützung bieten, denn wie alle Startup-Bereiche entwickelt sich auch das Impact Management kontinuierlich mit dem Unternehmen weiter.
Was sind deine Empfehlungen, Hinweise, Tipps für Impact Investor*innen?
Wichtig ist ein realistischer Anspruch an die Wirkungsmessung – gerade in frühen Phasen entwickelt sich das gemeinsam mit dem Unternehmen. Zu hohe Anforderungen können kontraproduktiv sein und am Ende zwar schöne Berichte, aber kein überlebensfähiges Geschäftsmodell hervorbringen.
Vor dem Investment sollte eine gründliche Analyse durchgeführt und eine klare Entscheidung getroffen werden. Startup-Beteiligungen sind illiquide – bei negativer Entwicklung gibt es keinen Exit-Markt. Erfolg oder Misserfolg entscheiden sich dadurch größtenteils beim Einstieg.
Die wertvollsten Erkenntnisse während der Due Diligence gewinnt man durch direkte Teaminteraktion. Besonders wertvoll ist es, Zeit mit dem Team zu verbringen – idealerweise im Arbeitsalltag. Nur so lassen sich Motivation, Teamdynamik und Ausrichtung wirklich einschätzen. Denn letztlich sind es diese Faktoren, die über Erfolg oder Misserfolg entscheiden.
Gibt es noch etwas, das du beim Thema „Finance for Founders“ ergänzen möchtest?
Ein Punkt, der mir besonders auffällt: Viele Impact-Startups werden von Einzelpersonen gegründet. Für die typische Startup-Entwicklung mit schnellem Wachstum und externen Investor*innen ist das jedoch eine suboptimale Ausgangslage. Teams von drei bis vier Personen haben deutlich bessere Chancen, nachhaltige Unternehmen aufzubauen.
Außerdem wird es künftig unerlässlich sein, KI-Kompetenz im Gründerteam zu verankern – sowohl strategisch (z.B. Chief AI Officer) als auch operativ im Bereich Datenanalyse und -engineering. Wer diese Fähigkeiten früh aufbaut, verschafft sich einen entscheidenden Wettbewerbsvorteil.
Vielen Dank für das Interview 🙂
Über Werner Krendl:
Werner ist ein analytischer und gewissenhafter Investmentmanager mit umfassender Erfahrung in privaten Märkten, spezialisiert auf Unternehmensanalyse und Investmentmanagement. Er ist sehr versiert im Umgang mit einer Vielzahl von Corporate-Finance-Instrumenten, einschließlich Eigenkapital, Kredit und strukturierter Finanzierung, mit Expertise in verschiedenen Finanzierungssituationen wie VC/PE, IPOs, M&A, ABS sowie ESG/Impact. Darüber hinaus verfügt er auch über Erfahrungen mit Investitionen aus Unternehmenssicht als Interim-/Teilzeit-CFO.
Wichtige Erfolge:
- Leitung des ersten Impact-Investing-Venture-Capital-Fonds Österreichs
- Durchführung von über 40 Mio. € Venture-Capital- und Private-Equity-Investments in mehr als 40 Unternehmen
- Beratung bei 35 Corporate-Finance-Mandaten mit einem Finanzierungsvolumen von über 70 Mio. €
- Beratung und Coaching von mehr als 60 Start-up-Unternehmen
- Verwaltung von 1,3 Mrd. € an strukturierten Kreditvermögenswerten (CDO)
- Entwicklung einer SFDR-konformen Impact-Measurement-and-Management-(IMM)-Strategie
- Erfolgreiche Navigation durch zwei Finanzkrisen: die Dotcom-Blase (Anfang 2000er) und die globale Finanzkrise (2008)
Fähigkeiten & Expertise:
Werner trug die Verantwortung für den gesamten Investitionszyklus – von der Identifizierung und Analyse potenzieller Investments über Due Diligence, Unternehmensbewertung, Strukturierung und Verhandlung bis hin zur operativen Unterstützung. Dank seiner analytischen Fähigkeiten und seines unternehmerischen Denkens kann er Investitionsmöglichkeiten auf Basis von Chancen und Risiken fundiert beurteilen. Sein strukturiertes Vorgehen und seine juristischen Kenntnisse ermöglichen es ihm, Transaktionen unter Einhaltung hoher rechtlicher Standards umzusetzen. Die langjährige Erfahrung im Bereich strukturierte Finanzierung hat ihn zudem gelehrt, Investitionen nach strukturellen Risiken zu analysieren und diese durch vertragliche Regelungen zu minimieren oder auszuschließen.
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